Umnutzung ehemalige Post in Bad Freienwalde zu einem Zentrum für Betreutes Wohnen mit Begegnungsstätte, einem kommunalem Archiv und zur Stadt- und Kreisbibliothek
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Bauherr Stadt Bad Freienwalde
Realisierungswettbewerb 2017 · Anerkennung
Entwurf und Planung Scheidt Kasprusch Architekten GmbH
NF 2.576 qm · BGF 3.382 qm · BRI 13.068 cbm
Standort Karl-Marx-Straße · 16259 Bad Freienwalde
Das ambitionierte Projekt, das Denkmal der ehemaligen Post zu einem Zentrum für Betreutes Wohnen mit Begegnungsstätte, einem kommunalem Archiv und zur Stadt- und Kreisbibliothek Hans Keilson zu ertüchtigen, bietet alle Potentiale einen wichtigen Kommunikationstreffpunkt in der Stadtmitte zu etablieren.
Maßstäblichkeit, Gliederung und Ensemblebildung
Der Solitär Ehemalige Post steht mit seinen 3 Vollgeschossen und der Dachlandschaft selbstbewusst im Stadtraum.
An der östlichen Brandwand dieses linearen Gebäudes schließt der dreigeschossige Neubauquader im EG bündig an. Die beiden Obergeschosse springen um ca. 80cm auf die Flucht des mittleren Altbauteils der Post hervor. Der Neubau nimmt die Geschoßhöhen des Altbaus auf und schließt unterhalb der Bestandsattika ab.
Das abfallende Gelände und der Anschluss an das EG des Bestands werden durch eine außenliegende Freitreppe und eine großzügige, dem Stadtraum enthobene Treffpunktfläche vor dem Haupteingang ausgeglichen. Ein ebenerdiger Aufzugsraum, in dem auch Kinderwagen abgestellt werden können, verbindet rollstuhlgerecht alle Geschosse, samt der Stellplätze, mit dem Straßenniveau. In der Zugangszone sind ebenfalls die Fahrradstellplätze zentral untergebracht. Über der gesamten Eingangssituation kragt der Bibliothekskörper mit wetterschützender Funktion. An der östlichen Grundstücksgrenze führt eine - das natürlich abfallende Gelände nutzend - kurze Rampe zur Stellplatzanlage im Souterrain. Der Neubau adaptiert Merkmale des Altbaus und formt daraus eine eigene, unverwechselbare Sprache. So werden die sich abzeichnenden Zonen des Sockels, des Erdgeschosses, der zwei Normalgeschosse und der Traufkante aufgenommen. Die Brüstungs- und Sturzhöhen der Fenster in den beiden Obergeschossen werden in der Setzung der quadratischen Neubauöffnungen weitergeführt. Das Denkmal und der Neubau gehen eine gleichberechtigte Symbiose ein ohne ihre Entstehungszeiten zu leugnen.
Umgang mit dem Denkmal
Es sind viele Originalbauteile aus dem Fertigstellungsjahr 1957 im Äußeren wie im Inneren erhalten. Der Entwurf sucht einen sensiblen Umgang mit dem Bestand und reduziert Eingriffe auf ein nötiges Maß. In den Bereichen jedoch, in denen der Bestand den Belangen der neuen Nutzungen und der Barrierefreiheit entgegensteht, greift der Entwurf souverän ein. Interventionen werden formal deutlich mit einer zeitgemäßen Architektursprache abgesetzt.
Die Straßenfront bleibt komplett erhalten und wird denkmalgerecht aufgearbeitet. Der ehemalige Posteingang erhält seine Bedeutung wieder und stellt einen von zwei Haupteingängen dar. Ein neuer tragengerechter Aufzug verbindet hier alle Geschosse.
Auf der Rückseite werden dem Bestand im Erdgeschoss großzügige aufgeständerte Terrassenflächen vorgelagert.
Im Denkmal finden primär die Funktionen der Stephanus-Stiftung - die Tagespflege und Beratungs- / Kontaktstelle im EG, der familienentlastende Dienst und die Verhinderungspflege im 1. OG und die Wohngruppe im 2. OG - ihren Platz. Der Dachstuhl wird weitestgehend belassen und steht als Option für kleinere Technikflächen zur Verfügung.
Der Neubau – Orientierung und Treffpunkt
Die von Außen sichtbaren Fassadengliederungen spiegeln die innere Funktion wieder. Über die Freitreppe oder den Aufzugsraum gelangt man in das rundum verglaste Erdgeschoss in dem die öffentlichen Bereiche Foyer, Ausstellungsraum, Vertikalerschließung und angegliedert Seminar- und Versammlungsraum samt großer überdachter Süd-West-Terrasse, gebündelt werden. Im Sockel befinden sich Technikflächen und, über den Aufzug angeschlossen, ein Großteil der überdachten Stellplätze. Das 1. Obergeschoß nimmt alle Funktionen der Stadt- und Kreisbibliothek auf und im 2. Obergeschoss finden sich zugriffssicher und hochwassergeschützt die Flächen der Archive.
Ein zentrales, von oben natürlich belichtetes Treppenhaus verbindet alle Geschosse und Funktionen unmittelbar miteinander. In den angrenzenden Altbauteilen sind zumeist die Sanitäranlagen und die Verwaltungsflächen der Bibliothek und des Archivs untergebracht. Der 2. Fluchtweg führt über die notwendigen Flure des Altbaus zum mittleren Treppenhaus.
Körperhaftigkeit, Materialität und Oberflächen
Das Denkmal Ehemalige Post ist ein Ziegelbau mit Putzoberfläche. Der Sockel und das EG sind mit bossenartig wirkenden Putzelementen und einem Gesims von den Obergeschossen abgesetzt. Alle Fenster in den Obergeschossen haben eine umlaufende, deutlich ausgearbeitete Fasche. Quadratische Frieselemente gliedern die Fassade zusätzlich.
Im Neubau wird die Zonierung Sockel – Erdgeschoss – Obergeschosse aufgenommen. Das Material des Sockels wird mit einem grob gestockten Beton vorgeschlagen. Das Erdgeschoss erhält seine transparente und einladende Wirkung durch umlaufende Glasbänder. Die Fassade des Obergeschosses ist als durchgefärbter Sichtbeton der sich dem Bestand anpasst geplant. Die Fensternischen erhalten eine feine Stahlwandung. Die neuen Quadratfenster entwickeln sich aus den Bestandsfenstern der Altbaus heraus und interpretieren diese neu. Das Verhältnis von Wandfläche und Öffnung generiert ein lebendiges Spiel und gibt den Bibliotheks- und Archivräumen einen Charakter der Sicherheit und Geborgenheit für Nutzer und Medien gleichermaßen. Die einzelnen Elemente ziehen sich optisch zu großen Öffnungen zusammen. Im Depot werden opake Klappen eingesetzt.